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„Forum Kultur und Kneipe“: „Samtrot“ in der Peterskirche

Wie in einer anderen Welt

Uli Lessin mit kühler Erotik – Eine ungewöhnliche Kombination

VAIHINGEN (kat). Ein einzelner Gongschlag ertönt; sein Klang breitet sich im Raum der Peterskirche aus, bis er die äußersten Winkel erreicht hat, im Scheinwerferlicht erscheint eine große schlanke Gestalt im langen roten Samtkleid, kühle Erotik ausstrahlend, die Sprecherin; sie beginnt voll konzentriert, mit ruhiger Stimme, geheimnisvoll, von meditativen Gongklängen begleitet, mit poetischen Worten einen unsichtbaren Geliebten zu beschreiben: „Du bist mein Lagerkissen, mein Minnebett, meine heimlichste Ruhe... ein Bach meiner Hitze.“

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Foto: Kathariner

Uli Lessin erzeugt an 7 Gongs, die auch optisch stark beeindrucken, fast sprechende Klänge, man fühlt sich in einer anderen Welt, in einem anderen Zeitalter. Andrea Funk zitiert mit geschlossenen Augen , man traut sich bei diesen gefühlvollen Texten kaum zu atmen. Eine ungewöhnliche Kombination, Stimme und Gong, eine Symbiose, die anders einfach nicht sein könnte.

Einmal ist es wie Glockengeläut, dann wieder wie Herzschläge, exotische, schicksalsschwere Klänge, die sind der optimale Gegenpol zu den Worten aus Jahrhunderten romantischer Liebestexte: Aus den Liebessonetten von William Shakespeare, „Was für ein Feuer“ von Ricarda Huch. „Dort vor dem Tor lag eine Sphinx“ von Heinrich Heine, Hugo von Hofmannsthals „Das Mädchen und der Tod“, weitere Titel wie „Meine Besessenheit hält dich heilig“, ein Text des persischen Dichterfürsten Hussain ibn Mansur al-Halladsch aus dem achten Jahrhundert, und viele andere.-

Dieses Programm musste „Samtrot“ heißen, „Forum Kultur und Kneipe“ bot in seiner Januar- Veranstal- tungswoche mit diesem Mittwochabend ein besonders süßes Bonbon an. Und die aufmerksamen Gäste wussten es zu genießen.

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Foto: Kathariner

Immer wieder tauchten Texte aus Salomos Hohelied auf, spätestens hier gerieten alle Moleküle des Zuhörers ins Schwingen und Vibrieren, es war ein faszinierendes Experiment mit Wort und Klang und die Frage war vielleicht, wie lange ist der Zuschauer bereit, sich darauf einzulassen? „Am Anfang war das Wort“ – mit diesem Bibelzitat endete das einstündige Programm. Auf dem großen chinesischen Gong beginnt Uli Lessin leise, dann immer stärker werdend bis zum infernalischen Orkan, die Wucht des Klanges erfasst den ganzen Körper und löst sich erst, bis sich die letzten Schwingungen im Raum verloren haben – ein wahrhaft würdiges Finale!

Neue Vaihinger Kreiszeitung, 25.01.2003

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