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Eindrucksvolle Premiere im KABIriNETT: Andrea Funk und Uli Lessin boten das Programm „Samtrot - Wort und Klang“
“So schmolzen schmerzlich unsere Herzen...”
Spiegelberg - “Mein Liebster fuhr mit der Hand durch den Spalt und meine Herzgegend bebte ihm entgegen”. Mit geschlossenen Augen
rezitiert Andrea Funk, zärtlich und behutsam, diesen sinnlichen Vers aus dem Hohelied Salomons. Im Hintergrund ist ein sonorer, erdverbundener Gongton zu ver-nehmen, tief und dunkel, verschwommene Klänge, wie
ein weit entferntes Glockengeläut. “Samtrot - Wort und Klang” feiert Premiere in Thomas Webers Großhöchberger Kabirinett. Gleichzeitig ist es das erste Projekt, das mit Hilfe des neu gegründeten
Fördervereins verwirklicht werden konnte.
Hinter dem Titel verbirgt sich intelligent zusammengestellte Poesie aus unterschiedlichsten Epochen und Kulturen. Sensibel, traurig, melancholisch,
kokett: im Konsens mit den suggestiven Klangwelten asiatischer Gongs ist das sicherlich eine ungewöhnliche Symbiose, die von den zahlreichen Zuhörern sichtlich genossen wird. Primär ist es die Spielkunst von Uli
Lessin, der eine solche expressive Dichte, gepaart mit erstaunlichen dynamischen Differenziertheiten, entstehen lässt. Hintergrund, Dialog und Zwiegespräch - ein musikalischer Gegenpart, der sensibel mit dem
gesprochenen Wort kommuniziert. Das strukturierende Element des Programmes sind die von der Regisseurin Beate Lanz dramaturgisch klug inszenierten Einwürfe. Immer wieder erklingen kurze sinnliche Psalmen aus dem
Hohelied Salomons, einem der ältesten Liebesgedichte der Menschheit, das, dem weisen König sei Dank, ein Quell prickelnder Erotik ist. Funk macht das richtig klasse.
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Foto: Stoppel
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Die Imaginationskraft ihrer Stimme, ihre flexible Artikulation, gepaart mit einer erfrischend extrovertierten Gestik und Mimik, nutzt sie
genießerisch, um den Reimen Leidenschaft, Verzweiflung und Sinnlichkeit - kurz gesagt - Leben einzuhauchen. Es bereitet einfach Freude, einer Künstlerin mit solchen rezitativischen Fähigkeiten andächtig zu
lauschen und sich regelrecht bezirzen zu lassen. Einfühlungsvermögen beweisen beide Protagonisten bei den aufwühlenden melodramatischen Gedichten. “Das Mädchen und der Tod” von Hugo von Hofmannsthal, und
dem wunderschönen Werk eines. unbekannten Künstlers “Denn unsere Liebe hat zu heiß geflammt”. Das sind epische Gebilde voller sehnsüchtiger Verzweiflung. “So schmolzen schmerzlich unsere Herzen . .
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Foto: Broekman
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Kontrastreich zeigen beide Künstler die dunkle Färbung der Liebe. “Empfang’ uns endlich ganz, Abgrund der Nacht in deinen
Liebesflammen.” Gerade hier gelingt es vortrefflich, die Gedichtzeilen akustisch wirkungsvoll und plastisch auszuleuchten. Die Darbietung des Bibelverses “Im Anfang war das Wort”, Johannes 1, 1-5,
mit dem furiosen Finish auf dem großen chinesischen Gong ist ein würdiges Finale. Lessin beginnt ganz leise, der Ton schwillt an, immer heftiger, wird zum Sturmwind und endet in einem infernalischen,
ohrenbetäubenden Orkan. Geradezu erschlagen von der Wucht des Klanges lauschen die Zuhörer, bis sich die allerletzten Schwingungen verloren haben, erst dann, nach einigen langen Sekunden, brandet begeisterter
Beifall auf.
(Backnanger Kreiszeitung, 15.06.2002, von Markus Stricker)
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