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Liebeslyrik vermählt sich mit Gong-Musik

Andrea Funk und Ulrich Lessin gastierten im „Traumstern“

von Ingrid Boller

LICH. Was hat Liebeslyrik mit Gong-Musik zu tun? So wie Gongtöne etwas Ewiges zum Schwingen bringen, sind Liebesglück und Liebesleid ewige Themen des Menschen. Unter dem Titel „Samtrot“ rezitierte Andrea Funk am Mittwochabend im „Traumstern“ ausgewählte Texte zum Thema Liebe von bekannten und unbekannten Dichtern quer durch die Jahrhunderte. Untermalt und verstärkt wurden die Worte durch die Gong-Musik von Uli Lessin.

Die Idee, diese Elemente zu kombinieren, entstand aus dem Wunsch nach einem gemeinsamen Projekt. Dabei sollte nicht nur der Kopf des Zuhörers angesprochen, sondern ein gesamt-sinnliches Erlebnis geboten werden. In der Farbe Rot als Symbol von Liebe und Leidenschaft strahlte das Samtkleid der Sprecherin, und die Schwingungen der zehn Gongs waren – zumindest ab einer gewissen Lautstärke – auch körperlich spürbar.

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Foto: Boller

Mit geschlossenen Augen, zärtlich und doch kraftvoll brachte Funk die Dichtung zum Leben – mal nachdenklich, mal flehend, mal energisch durch ausdrucksstarke Mimik und Gestik unterstrichen. Lessin schlug und strich mit unterschiedlichen Schlegeln und erzeugte passend dazu leise und laute, feine und kraftvolle Töne in verschiedenen Klangfarben. So konnten Schnee, Regen und Wind als Wort und Musik wahrgenommen werden. Immer lauter werdendes Gongspiel entsprach der wachsenden Erregung in der Lyrik.

Zwischen Werken von Shakespeare, Goethe, Hugo von Hofmannsthal, Ricarda Huch, Tagore, Paul Fleming, Mechthild von Magdeburg, Nazim Hikmet und anderen erklangen immer wieder Abschnitte aus dem Hohelied Salomos, etwa: „Sein linker Arm liegt unter meinem Kopf, und mit dem rechten hält er mich umschlungen.“

Die Interpretin wollte damit zeigen, wie erotisch die Bibel sein kann. Für sie gehören weltliche und göttliche Liebe zusammen. So schlossen die ersten fünf Verse des Johannes-Evangeliums die Stunde ab: „Am Anfang war das Wort…“ Der große chinesische Gong schwoll dazu zum Crescendo an.

Die zehn unterschiedlich großen Gongs in verschiedenen Klangfarben stammen unter anderem aus Thailand und China. Uli Lessin setzt sie in seiner Arbeit als Gestalt- und Musiktherapeut ein. Andrea Funk ist Sprecherzieherin und Gestalt-therapeutin und hat Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen.

Die Regie führte die Schweizerin Beate Lanz, freie Regisseurin in Deutschland und der Schweiz.

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Foto: Boller

Wieder einmal ist es dem „Traumstern“ gelungen, eine außergewöhnliche Veranstaltung zu bieten, die von dem Publikum dankbar und begeistert angenommen wurde.

Giessener Anzeiger, 14.03.2003