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Streifzug durch die Liebeslyrik der Weltliteratur

Dritte und letzte Musik- und Filmnacht im Hungener Schlosshof: „Samtrot“ sorgte für ein besonderes Hörerlebnis

Hungen (dv). Ein Gongschlag, der bis in die äußersten Winkel der Hungener Schlossanlage drang, eröffnete am Sonntag die letzte Bühnenveranstaltung der Musik- und Filmnächte. Ein Abend mit einem ebenso ausgefallenen Programm, wie schon in den beiden Nächten vorher, erwartete die Besucher. Als der Klang des chinesischen Gongs verhallt war, erschien im langen, tief ausgeschnittenen roten Seidenkleid eine schlanke Frauengestalt. Konzentriert hielt sie den Blick gesenkt, bevor sie mit dem ersten Liebesgedicht begann. Als am Ende noch einmal der Gong ertönte, hatte Andrea Funk einen Streifzug durch Liebesgedichte der Weltliteratur gemacht.

Begleitet wurde sie von Uli Lessin auf verschiedenen Gongs. Für die Besucher wurde diese Symbiose von Wort und Klang zu einem besonderen Erlebnis. Lessin verstand es, sich mit seinen Gongtönen ganz auf die innigen Texte, auf sinnliche Psalmen, auf Reime der Leidenschaft, des Liebesschmerzes und der Liebeswonnen einzustellen. Mit sensibler Hand schwang er den Schlegel, entlockte den fernöstlichen Instrumenten eine Klangdichte, die eine erstaunliche expressive Vielfalt aufwies. Schnell waren die Misstrauischen im Publikum überzeugt, dass der Gong mehr ist als das Instrument, mit dem man zum Essen ruft. Es ist voller Dynamik und schafft es mühelos, die Gedichtzeilen akustisch zu untermalen.

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Andrea Funk verstand es, Liebe und Liebesleid in eindringlichem Vortrag für das Publikum zugänglich zu machen. Mit großem Einfühlungsvermögen wechselte sie von Shakespeares Liebessonetten zur „Rastlosen Liebe“ von Goethe, um schließlich mit Hugo von Hofmannsthals „Das Mädchen und der Tod“ einen exzellenten melodramatischen Auftritt zu inszenieren. Wie ein roter Faden zogen sich immer wieder Verse aus dem Hohelied Salomons durch die Veranstaltung. Als „Samtrot“, wie sich Andrea Funk und. Uli Lessin als Ensemble nennen, mit dem Bibelzitat „Am Anfang war das Wort“ endete, schlug noch einmal die große Stunde des Gongspielers. Er versetzte sein Instrument in Schwingungen, die sich von zärtlichen Tönen zum tobenden Hurrikan entwickelten, gegen den sich Andrea Funk mit gewaltiger Stimmkraft stemmte. Als der letzte Ton verklungen war, erwachte das Publikum aus seiner Verzauberung, um mit großem Beifall für eine neue Hörerfahrung

zu. danken. Im Anschluss wurde der Film „Frida“ gezeigt. (Foto: dv)

(Gießener Allgemeine 02. 09.2003)